Sonntagsausflüge in die Natur haben zuweilen den schönen Nebeneffekt eines Bildungserlebnisses, z.B. zur Geschichte der Umgebung. So ging es uns beim Besuch am sogenannten Tetzelstein im Naturpark Elm-Lappwald unweit von Wolfenbüttel.
Dort erinnert ein unscheinbarer Steinquader im Gebüsch an das Schicksal von Johann Tetzel, der hier beraubt wurde. Was sich nach Kleinkram der Lokalgeschichte anhört, hat schon den Charakter einer Moritat aus dem 16. Jahrhundert mit einer aktuellen Drehung.

Fangen wir beim Heute an: Tetzel wäre in unserer Zeit wohl ein erfolgreicher Versicherungsvertreter oder Anlageberater, der Kunden gegen Geld auf die Hand Absicherung gegen Risiken und gute Rendite verspricht.
Zu seiner Zeit verkaufte der Dominikanermönch sogenannte Ablassbriefe – sozusagen Pfandbriefe gegen die Hölle – und verwahrte den Erlös für Bank (Fugger), Papst und Fürst in einer Kiste auf, die er immer dabei hatte. Dabei muss er wohl sehr erfolgreich gewesen sein, weil er von verschiedenen Fürsten und Bischöfen angeheuert wurde.


Aber 1518 hatten die Zeiten sich geändert, denn im Jahr zuvor hatte ein anderer Mönch mit einigen Thesen an der Schlosskirche zu Wittenberg das Geschäftsgebaren entlarvt. Irgendwann in diesem Jahr fiel der Erfolg des „Ablasspredigens“ dem guten Tetzel im Elm auf die Füße.
Er muss sich wohl verbittert gesagt haben: Da predigst du jahrelang, wie man sich ganz einfach von Sünden frei kaufen könnt: Gib mir dein Cash, ich stelle dir einen Freibrief aus. Und dann lauert dir einer deiner Kunden im Wald auf und raubt dir den Kasten mit dem „Lohn“ deiner Arbeit. Das perfide daran: der Räuber hatte zuvor bei Tetzel einen Freibrief für Raub erworben, konnte die Tat straffrei ausführen. Cleveres Moralverständnis. Das nennt man Ironie des Schicksals.


Die Story war es wert, durch einen Stein und 1845 durch einen neo-gotischen Turm gewürdigt zu werden. Merke: auf Demagogen fällt das zurück, was sie gepredigt haben – gilt auch heute noch.
Und in unseren Tagen ist der Tetzelstein ein Ausflugsziel für Biker und Wanderer. Man kann sich bei Currywurst oder Schnitzel an Tetzels Schicksal ergötzen oder auch nur den herrlichen Buchenwald genießen. Bekannt ist das Gasthaus zudem für seinen Schlehenwein – und das schon seit Jahrzehnten. Lange bevor ich ahnte, das der Raum Braunschweig eine neue Heimat würde, war ich mit meiner Einheit in der Bundeswehr aus Hildesheim zu Besuch hier. Wir hatten ein erfolgreiches Manöver hinter uns und sollten mit einem Ausflug samt Bewirtung belohnt werden.
Was ist die Lehr aus der Geschicht? Trau einem Demagogen nicht. Und fällst Du trotzdem auf ihn rein, nimm lieber was vom Schlehenwein.
danke , für mich bitte auch etwas vom Schlehenwein 😉
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Wird geliefert, Prost auf eine gute Woche 👍
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