Retro 1989 – Dienstreise nach Laos

Im April 1989 gab es den „Eisernen Vorhang“ noch – und Laos lag dahinter. Bei den derzeitigen Rückblicken auf das Wirken Michail Gorbatschows kam mir eine Dienstreise nach Vientiane in Erinnerung, in der auch kurz die DDR auftauchte.

Mein amerikanischer Chef im UN-Büro in Dhaka machte den Vorschlag, dass ich mir das Programm der UNFPA in Vientiane anschaue. Das Büro buchte mir einen Flug nach Bangkok und von da in die laotische Hauptstadt mit Lao Aviation. In Bangkok sollte ich mir das Sondervisum für Laos abholen und dann ins Flugzeug steigen. Er flog schon voraus.

Gesagt getan, am Flughafen Bangkok brachte ein Bus unser kleines Häufchen Fluggäste in der glühenden Hitze an das äußerste Ende des Vorfeldes. Dort stand eine dunkelgrüne Propellermaschine stumm bereit, das war also Lao Aviation. Wir stiegen zusammen mit der Besatzung über eine Art Leiter in die umgebaute Militärmaschine, innen war es dunkel und stickig. Zum Glück ließen die Piloten die Propeller schnell an und damit funktionierte auch die Klimaanlage.

Los gings, im Krach der Rotoren brachte der Steward von Lao Aviation ein Tablett mit einem kalten Schnitzel und ebenso kalten Pommes Frites. Dazu eine große Flasche Bier – aus der man trinken musste, da sie sonst im holprigen Flug umgefallen wäre. Schon mal urig.

Vom Flughafen holte mich mein Chef ab und brachte mich ins Hotel. Auf dem Weg erste Eindrücke: ziemlich leere Boulevards und die üblichen Plakate zur erfolgreichen Ernte und den Plänen für eine prosperierende Zukunft. Aber auch der eine odere andere Tempel war am Wegesrand zu sehen.

Der Nachmittag war zur freien Verfügung und so nutzte ich die Gelegenheit, meinen Junior Officer-Kollegen im UN-Büro von Vientiane zu besuchen. Wir hatten uns bei einer Fortbildung im Jahr zuvor in New York kennen gelernt, damals alles „Frischlinge“ im weltumspannenden System der Vereinten Nationen. Pierre war Franzose und hatte sich ein wunderschönes Haus am Ufer des Mekong gemietet. Von seiner Terrasse aus konnte man die Flussfischer zum Sonnenuntergang beobachten. Dazu leerten wir eine Flasche Rotwein und sprachen über unsere Arbeit.

Sonnenuntergang am Mekong

Am nächsten Vormittag traf sich unsere Delegation (neben meinem Chef und mir noch ein Brite und ein Nepali) mit den Vertretern der Regierung. Sie wurde von den aus dem Krieg siegreich hervor gegangenen Pathet Lao gebildet, der zuständige Minister erschien in Militärmontur mit schweren Stiefeln. Es war ein bisschen schwierig, sich dabei auf die Feinheiten von Public and Reproductive Health zu konzentrieren, aber in der Übersetzung lobten die Regierungsvertreter die Zusammenarbeit mit und das Engagement von den Vereinten Nationen.

Am Nachmittag war ein kleines Kulturprogramm für uns vorgesehen, ein traditioneller Schwertertanz war angekündigt. Was sich abspielte war kaum zum Hinsehen. Die Tänzerinnen und Tänzer brachten sich mit Trommeln in eine Art Trance, dann ergriffen sie Schwerter, deren Schärfe sie an Bananenstauden demonstrierten: Man hätte sich mit ihnen rasieren können. Und dann gings los, die Schwerter wurden zu angedeuteten Selbstverstümmelungen (so erschien es mir) an alle Körperteile gelegt, vom Hals bis zum Zeh. Aber die Spannung von Körper und Haut hielt die Messer davon ab, die Tänzer zu verletzen. Kleine Kinder und allerlei Volk schauten begeistert zu.

Für den Abend war ein Essen am Mekong vorgesehen, gut 30 km außerhalb von Vientiane auf einer Waldlichtung am Flussufer. Dort war ein Buffet aufgebaut, eine Band spielte zum Tanz auf. Vor dem Dinner aber gab es eine traditionelle Basi-Zeremonie: Die Gastgeber knüpfen dabei reihum ein weißes Bändchen um den Arm des Gastes, der dazu jedesmal ein Gläschen Schnapps trinken musste – und es waren viele Gastgeber (wie man an den weißen Bändchen an meinem rechten Arm unten erkennen kann).

Dass es noch ein Wetttrinken aus einem irdenen Topf mit fermentiertem Gerstensaft gab, sei nur am Rande erwähnt (die Fotos dazu lasse ich lieber in meinem Privatarchiv). Das gigantische Essen glich den Alkohollevel etwas aus, aber nur etwas. Die Hitze spielte eine Rolle und der Versuch eines Tanzes trug nicht zur Ernüchterung bei. Es wurde dunkel, und das war nicht nur dem Abend geschuldet. Dem Vernehmen nach werten es die Laoten als besondere Anerkennung ihrer Gastfreundlichkeit, wenn man sich fallen lässt.

Am nächsten Morgen wieder eine Sitzung, anschließend ein weiterer Empfang in unserem Hotel mit Vertretern der in Vientiane anwesenden Diplomaten. Mir fiel der Dienstwagen mit dem Wimpel der DDR-Fahne auf. Tatsächlich traf ich drinnen auf den Botschaftsattaché aus Ostberlin. Wir tauschten ein paar Höflichkeiten aus, eine angenehme Begegnung. Weder er noch ich ahnten, was sich sieben Monate später in Berlin ereignen würde.

Am Nachmittag flogen wir zurück nach Bangkok, diesmal mit Düse und der Thai. Eine bildhübsche Stewardess verteilte Orchideen an jeden Fluggast. Was für eine andere Welt.

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