Mit den Augen essen

Die Pizzeria in meiner Nachbarschaft hat nach der Sommerpause wieder geöffnet. Erwartungsvoll (und mit knurrendem Magen) schaue ich auf die Quattro Gusti, dazu das Bier aus meiner Siegerländer Heimat. Im ländlichen Deutschland lieben wir große Portionen (value for money) und machen uns über nouvelle cuisine lustig. Hier gibt es noch Verköstigungsbetriebe wie Schnitzelparadies oder Windbeutelkönig.

Ganz anders in Japan; auch hier essen die Augen mit, aber auf eine andere Art und Weise.

Jene Speisekarte (oder war es die Getränkekarte?) in einem Restaurant auf Miyajima gab uns Rätsel auf: Die Schriftzeichen hingen wie Blütenketten vom oberen Seitenrand nach unten und selbst die Preise waren vertikal geschrieben. (Die Bedienung half uns dann bei der Speisenwahl, in dem sie eine bebilderte Speisekarte nachreichte). Hauptsache, man kann die Preise zuordnen.

Ansonsten gibt es überall in den japanischen Metropolen Restaurants in unserem Stil (ja, auch Sushi Bars gibt’s in Japan). Und die Ramen-Restaurants (wie eins in Tokio) sind leicht zu handhaben: Man sitzt am Tresen rund um den die Suppen zubereitenden Chef herum und bestellt eine beliebige Kombination von Brühe und Zutaten.

Aber in Kagoshima wagten wir uns in ein traditionelles Restaurant. Es lag im Souterrain unsere Hotels und bestand aus Separees mit dünnen Bambuswänden. Flügeltüren führten zum Gang, andere Gäste konnte man nur an ihren Füßen erkennen. Mit vielen Verbeugungen führte uns eine lächelnde Dame in eines davon. Immerhin, für uns Ausländer waren die Tische in „normaler“ Höhe, Japaner ziehen vorher die Schuhe aus und platzieren sich im Schneidersitz an kniehohe Tische.

Die Speisekarte hatte Bilder und eine englische Übersetzung. Wir bestellten, was uns zusagte und erlebten einen Augenschmaus.

Auch in Japan trinkt man zum Essen gern ein Bier – auf zusätzliches Sake verzichteten wir. Bitte jetzt nicht fragen, was in den Schälchen im Einzelnen war und in welcher Reihefolge sie zu vertil… eeeh zu genießen seien. Einfach Löffel oder Stäbchen greifen und versuchen, das Rätsel zu lösen – z.B. mit Eintunken. Es sind manchmal ungewöhnliche Tastes, aber das ist das Reizvolle.

Die Augen sind dabei gesättigt, mein Magen hingegen muss weiter knurren.

Freunde, meine Pizza wird kalt. Prost!

3 Gedanken zu “Mit den Augen essen

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