Ganesh im Kloster

Er taucht auf, wo man ihn am wenigsten erwartet, zum Beispiel im Kloster Ebstorf am Rand der Lüneburger Heide. Die Güstrower Künstlerin Christine Metz hat den indischen Gott im expressionistischen Stil gemalt, er ziert zusammen mit anderen Werken die Backsteinwand in einem Seitenflügel des Klosters. Christine Metz hat einen Faible für indische Motive.

Der Zufall eines Staus auf der A7 brachte uns in den kleinen Ort südlich von Lüneburg. Und der ist aus ganz anderem Grund für Ganesh wie geschaffen: Im Kloster Ebstorf erstellten die dortigen Benediktinerinnen um 1300 eine Weltkarte, die erst 1830 wieder gefunden wurde. Sie fasste in mehr als 2300 Bildern und Texten das gesamte Wissen der Zeit in einer etwa 4 x 4 Meter großen Karte zusammen. Auf der Ebstorfer Weltkarte liegt Indien gleich neben dem Paradies, Ganesh würde es wohl gefallen.

Ich habe ausführlich über die einzigartige Weltkarte an anderer Stelle in meinem Blog geschrieben. Aber sich vorzustellen, dass dieses Wissen im norddeutschen Nirgendwo zusammen getragen wurde, erstaunt immer wieder. Ebstorf liegt an der uralten Handelsstraße zwischen Lübeck, Lüneburg und Braunschweig, was erklären mag, wie das im Kloster bereits archivierte Wissen von Durchreisenden ergänzt wurde. Aber die Nonnen haben eine ungeheure kartographische Leistung erbracht, all das in einen geographischen Zusammenhang im Glauben jener Zeit zu stellen.

Allerdings, 200 Jahre später war das Wissen obsolet, die Welt war spätestens ab 1492 eine andere. Sie war eine Kugel, die man umrunden konnte, Jerusalem waren nicht mehr das Zentrum. Die Karte verschwand in einem Schrank. Im Kloster hängt eine Nachbildung, das Original wurde im Zweiten Weltkrieg bei der Bombardierung Hannovers zerstört.

Auf einem Spaziergang rund um die Klosteranlage kamen wir an einem ausgetrockneten Teich vorbei, in dem Enten den letzten Rest an Wasser nutzten. Ganesh müsste eingreifen.

Für Auferstehung ist der nicht zuständig, eher ist Wiedergeburt sein Ding.

Aber wo er dringend gebraucht würde, das sahen wir rund 15 km weiter südwestlich bei einem Abstecher in das Naturschutzgebiet Ellerndorfer Heide. Es ist die Bilderbuchversion einer Heidelandschaft, mit Wacholderbüschen und einer jetzt spät im August noch schwach blühenden Heide.

Spätestens hier holt uns die Gegenwart wieder ein: Das wunderschöne kleine Naturreservat liegt am Nordrand eines Munitionstestgeländes der Firma Rheinmetall. Und das wird derzeit sicher mehr genutzt als je in den vergangenen Jahrzehnten. Ganesh ist für Glück zuständig, leider nicht für Frieden.

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