Es ist Urlaubszeit. „Strandnähe“ gilt dabei als Qualitätsmerkmal für Hotels, Ferienwohnungen und private Anwesen. Mehr noch, Immobilien in Strandnähe haben gewaltig an Wert gewonnen, von Sylt bis Hilton Head an der US-Atlantikküste.
Das gilt auch für die Tourismusstrände am Indischen Ozean. Ein schönes Beispiel begegnete uns vor einiger Zeit auf der Insel Langkawi, am Ausgang der Straße von Malacca. Dort verbrachten wir Ende Februar 2005 unsere Ferien (Spoiler: Silberhochzeit!). Es war zwei Monate nach dem verheerenden Tsunami im Indischen Ozean, der nicht nur die Küste Sumatras, sondern auch die touristisch wertvollen Küsten von Thailand oder Sri Lanka getroffen hatte. Während im wenig nördlich liegenden Phuket Tausende ums Leben kamen, ließen die eigenartigen Verwirbelungen der Welle die Inseln und Küsten in der nördlichen Straße von Malacca ziemlich unberührt.
So jedenfalls erzählte es uns der Wirt eines Strandrestaurants am Pantai Tengah an der Westküste der Insel. Er hatte nichts zu tun, keine Gäste weit und breit, die Hotels leer, der Tourismus eingebrochen. Und wer ein Zimmer suchte, „Strandnähe“ war gerade nicht gefragt. Wir fragten, wer wohl die Eigentümer all dieser vielen kleinen Hotels hier seien. „All local ladies“ meinte der Wirt missvergnügt. Wie das? Nun, das Land hinter dem Strand war einst wertvolles Ackerland für den Nassreisanbau. Das ging bei der Erbteilung an die Söhne. Wertlose Strandgrundstücke blieben für die Töchter.
Dann kam die Explosion des Tourismus, etwa Anfang der 1980er Jahre (bei meinem ersten Besuch 1979 war der Strand menschenleer und man konnte hüllenlos baden – heute ein Sakrileg). Die „ladies“ waren plötzlich reich, und die Felder der Brüder wollte keiner mehr bestellen. Ironie des Schicksals. Übrigens, der Schrecken des Tsunami war bald vergessen und in der Saison 2005/2006 waren die Hotels am Strand wieder voll.


Wer aber, so fragte jüngst die New York Times, haftet bei zunehmender Küsten- und Stranderosion für die Schäden an privatem Eigentum? „Werden wir alle dafür in Haftung genommen?“ so die Zeitung. Keine Frage von großer Priorität in diesen Zeiten, mag man meinen. Aber sie ist ein Beispiel für künftige Herausforderungen, wenn es darum geht, Umweltschäden zu ’sozialisieren‘. Denn das der Meeresspiegel steigt, ist ebenso unumstritten wie globale Erwärmung.
Es stellt sich vor allem die Frage, was mit dem Besitz und Lebensunterhalt von Hunderten von Millionen Menschen geschieht, die in Strandnähe und Küstentiefländern siedeln müssen. Sie können weder auf Versicherungen noch Regierungen bzw. deren Steuerzahler hoffen.
Wie stark Erosion z.B. an den Stränden Südindiens wirkt (und die Meeresspiegelschwankungen mögen nicht einmal berücksichtigt sein), zeigt die Bildfolge von Kovalam Beach, nahe Trivandrum (heute Thiruvananthapuram) in Kerala: Beim Bau während des Südwestmonuns im Juni 1984 wurde die kleine Moschee schon vom Meer umspült (Foto oben links). Im Winter 1985/86 stand sie sicher versetzt nahe den Palmen (Fotos rechts). Im Sommer 2005 aber war sie wie eine kleine befestigte Insel in der Brandung (Foto unten links).
Man kann sich solche Bilder für viele Küsten am Indischen und anderen Ozeanen vorstellen. Es wird reichen Immobilienbesitzern an unseren Küsten wohl gelingen, von Versicherungen oder Steuerzahlern Entschädigungen für ihre vom Meer verschluckten Besitztümer zu erhalten (den Mehrwert haben sie sicher bereits kassiert), aber in den Entwicklungsländern haben die Küstenbewohner keine Lobby. Sie werden fortziehen und irgendwo von Vorne anfangen müssen.
Ja, das gibt zu Denken. Strandlage und Dachgeschosswohnung … bald Fehlinvestitionen …
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