
Der erste Gang führt zu einem Kiosk mit Schnabeltassen. Mit einer solchen in der Hand beginnt unser Spaziergang entlang des Flüsschens Teplá im tschechischen Karlsbad. An seinen Ufern ziehen sich Hotels, Cafes und Wandelgänge entlang, eine Fassade schöner als die andere.
Der Badebetrieb in Karlsbad hatte einen Höhepunkt im 19. Jahrhundert, als die Promis jener Zeit hier kurten. Allen voran Goethe. Er war ein halbes Dutzend mal hier.


Wir probieren die Wässerchen aus einem guten Dutzend Mineralquellen und spazieren mit der Schnabeltasse durch den sonnigen Sonntagvormittag. Irgendwie weird, aber hier fällt es nicht auf. Jung und Alt tun es uns gleich.


Für den Historiker aber hat Karlsbad noch einen anderen Klang: Hier wurden im August 1819 „Beschlüsse“ gefasst, welche den Weg Deutschlands in den Autoritarismus der wilhelminischen Zeit mitbestimmt haben. Die Innenminister und Geheimdienstchefs der wichtigsten deutschen Fürstentümer trafen sich im Geheimen in Karlsbad, um Maßnahmen gegen revolutionäre Umtriebe im nach-napoleonischen Deutschland zu koordinieren. Zensur, Verbote und Denunziantentum waren die Folge. Im Kurbetrieb von Karlsbad ließen sich solche Treffen gut verbergen.






Bei aller Historie: Unser Beschluss im Cafe Elefant einen Apfelstrudel zu genießen blieb davon unberührt. Und gern wäre ich noch – immer ein überzeugter Europäer – im „Europäischen Zentrum für natürliche Bierbäder“ mit einer vollbusigen Schönheit in die Wanne gestiegen.

So sind Apfelstrudel und Schnabeltassen in Karlsbad wie auch die schicken Autos ukrainischer Emigranten vor den luxuriösen Hotels hier und in Marienbad Symbole des Unpolitischen und Unhistorischen unserer Zeit. Selbst Goethe hat man in Karlsbad ein literarisches Denkmal gewidmet: ein nach ihm benanntes Tiramisu auf einer Speisekarte.








schöne Bilder, ich war da mal als frischer Teenie, fand ich damals „natürlich“ etwas öde, zumal das in den frühen 90er Jahren auch nicht so schicke aussah.
Viel Spaß
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