Er führt ein Schattendasein. Längst sind die benachbarten Büsche über ihn hinaus gewachsen. Und so blüht er kaum noch, eigentlich gar nicht.
Die Nachbarn haben ihren Rhododendron in der Sonne, wo er prächtig gedeiht. Ich bin ganz neidisch. Aber ich gebe zu, ich habe meinen Busch vernachlässigt. Was braucht er meine Pflege, wenn der Standort so ungünstig ist, dachte ich bislang. Dann fand ich eine Packung Rhododendron-Dünger im Keller. Davon schenkte ich ihm eine große Schaufel, samt ausreichend Wasser. Zwei Stunden morgens erhält er zudem eine Portion Sonne, abends einen kurzen Nachschlag.
Lange zögert er die Blüten zu öffnen. Vielleicht Angst vor der dicken Hummel, die auf ein süßes Nirwana wartet? Heute, nach einer warmen Regennacht war es soweit: Er traut sich.



Immer mehr der Blüten tauchen auf, ein Naturwunder im Schattenwald. Zugegeben, ganz ernüchtert war ich heute vorm Supermarkt. Blühende Rhododendron in Töpfen – aber so hochgezüchtete Zombies kommen mir nicht in den Garten. Überhaupt ist der Rhododendron ein Fremdling, importiert, als der deutsche Bauboom nach exotischen Pflanzen im Garten verlangte.
Denn er ist ein Import aus Asien. Wer je im Himalaya oder in den südindischen Bergen unterwegs war, der trifft auf ganze Kolonien von Büschen, ja zuweilen baumhoch.


Mein Rhodendron erfreut mich nicht nur mit seinen Blüten im Hier und Jetzt. Er trägt mich auch zurück in eine Zeit, als mir die Welt buchstäblich zu Füßen lag. Heute würden die mich nicht mehr dorthin tragen können.
