Brot für Brot in Halberstadt

Der um 1300 im Braunschweiger Land geborene Till Eulenspiegel hielt seinen Zeitgenossen buchstäblich einen Spiegel ihrer leicht dahin gesagten Floskeln vor: Oft nahm er sie wörtlich. Daraus entstanden Geschichten, die an vielen Orten Norddeutschlands spielen.

Domplatz vor St. Stephanus, Halberstadt

Die 18. Historie über Till Eulenspiegel erzählt, wie er Brot kaufte, nach dem Sprichwort: „Wer Brot hat, dem gibt man Brot“.

Till Eulenspiegel hatte in vielen Städten seinen Schalk getrieben und so kam er auch nach Halberstadt. Er ging auf dem Markt umher und sah, dass es ein harter und kalter Winter war. Da dachte er: Der Winter ist hart und der Wind weht dazu scharf; du hast doch oft gehört: Wer Brot hat, dem gibt man Brot. Und er kaufte für zwei Schillinge Brot, nahm einen Tisch und stellte sich vor dem Dom von Sankt Stephan auf. Er hielt sein Brot feil und trieb solange Gauklerei, bis ein Hund kam, ein Brot vom Tisch nahm und damit den Domhof hinauflief. Eulenspiegel lief dem Hund nach. Unterdessen kam eine Sau mit zehn jungen Ferkeln und stieß den Tisch um; ein jegliches Tier nahm ein Brot ins Maul und lief damit hinweg.

Da fing Eulenspiegel an zu lachen und sagte: »Nun sehe ich klar, dass die Worte falsch sind, wenn man spricht: wer Brot hat, dem gibt man Brot. Ich hatte Brot, und das wurde mir genommen.«

Und er sprach weiter: »O Halberstadt, Halberstadt, du führst deinen Namen mit Recht. Dein Bier und deine Kost schmecken wohl, aber deine Geldbeutel sind von Sauleder gemacht.« Und er zog wieder nach Braunschweig.

In der Buchausgabe zu Till Eulenspiegel von Robert Münchgesang (S. 42) heißt es sogar:

Wer hat dem regnet’s in den Schlot, dem gibt man noch zum Brote Brot. Doch nimmt man dem, der gar nichts hat, was er noch hat in Halberstadt


Halberstadt ist einen Besuch wert. Zuvorderst der gotische Dom St. Stephan und der berühmte Domschatz. Die romanische Liebfrauenkirche gleich gegenüber, die Rolle der Kirchengemeinde St. Martin in der friedlichen Revolution 1989. Dann das Literaturmuseum Gleimhaus in unmittelbarer Nachbarschaft. Das Berend Lehmann Museum für Jüdische Geschichte dokumentiert die Geschichte von Juden in Halberstadt. Der Roland am Marktplatz samt Rathaus zeigt zudem die reiche Geschichte einer Handelsstadt aus dem Mittelalter.

In reiners.blog: 13. April 1204 – Spuren in Halberstadt