Das Schwarzhäupterhaus gilt als eines der Wahrzeichen Rigas. Es ist zur 800-Jahr-Feier der lettischen Hauptstadt restauriert worden. Im Sommer 1941 wurde es bei der deutschen Besetzung zerstört. Das Haus der Händlergilde nutzten viele Kaufleute aus deutschen Hansestädten, es trägt deutsche Inschriften. Nicht nur hier am Marktplatz von Riga, sondern auch in und um die Petri-Kirche sind die engen Beziehungen zur Hanse und dem westlichen Ostseeraum seit dem Hochmittelalter, vor allem zu Bremen zu spüren. Eine Nachbildung der Stadtmusikanten steht neben der großen Backsteinkirche.


Wir waren im Covid-Sommer 2020 in Lettland und Litauen unterwegs (eine geplante Reise nach Estland wurde durch die Covid-Einschränkungen im Herbst obsolet). Die Staaten des Baltikums haben seit ihrer Unabhängigkeit nach dem Zerfall der Sowjetunion gewaltige Fortschritte gemacht. Seit 2004 sind sie Mitglied in der EU und der Nato, etwas später sogar alle in der Euro-Zone. Sie haben hochentwickelte digitale Infrastruktur und führen im Bildungswesen innerhalb der EU, von funktionierender Demokratie ganz abgesehen.


Im Juli 2020 waren kaum Touristen in der malerischen Altstadt von Riga zu finden. Die Restaurant- und Kneipenszene litt unter dem Besuchermangel, aber wir hatten dafür den Vorteil, „Abstand wahren“ zu können. Unser Hotel hatte strengere Corona-Regeln als der Rest der Stadt. Im Zentralmarkt mit seinem gewaltigen Angebot an frischen Lebensmitteln und Blumen trugen wir als einzige Masken, das Baltikum war von der ersten Welle verschont geblieben.




Riga hat auch eine persönliche Bedeutung: Im großen Krankenhaus der Stadt wurde mein Vater im März 1944 mit einer Kriegsverwundung behandelt. Mit damals 18 Jahren wurde ihm das rechte Bein am Oberschenkel amputiert. Ärzte in Riga retteten ihm das Leben, machte ihn aber zum Gegner aller Kriegstreiber. Das Krankenhaus gibt es heute noch, eine weitläufige Anlage von Parks und Gebäuden.

Estland und Lettland teilen ihre Ostgrenze mit der Russischen Föderation (Litauen mit Belarus). Man kann sich vorstellen, mit welchen Gefühlen die baltischen Republiken den Krieg und seine Vorgeschichte in der Ukraine verfolgen.


Wir beobachteten den Aufwand und die Kunstfertigkeit, mit der die prachtvollen Jugendstilfassaden in der Alberta iela restauriert wurden. Sie zeugen vom Wohlstand der alten Handelsmetropole am Rigaischen Meerbusen.
Es ist in diesen Tagen denkbar – und mir kommt so ein Satz nicht leicht übers Keyboard, dass wir unsere Freiheit nicht am Hindukush, sondern im Baltikum verteidigen müssen.
Artikel zur Ukraine-Krise:
Putin’s War on the ‚Ukraine Problem‘ is Just Beginning. Haaretz (Jerusalem), 23.2.2022
Rede Putins am 24.2.2022 in Auszügen. Redaktionsnetzwerk Deutschland, 24.2.2022
‚Putin Has an Ultimate Goal, and It’s Not Ukraine‘. Haaretz, 25.2.2022
