Panzer auf verschneiten Feldern. Soldaten mit Camouflage in Schützengräben. Wo sind die Deutschen? Wird es bald kalt in unseren Wohnzimmern. Und dann die Inflation!
Ich reibe mir morgens beim Schlagzeilen lesen die Augen. Wann evakuieren wir. Wer zieht zuerst an die Front. Wer meldet sich freiwillig, um die Ukraine zu verteidigen (Umfrage in europäischen Ländern).
Langsam glaube ich, Corona hat vor allem das Gehirn vieler in Politik und Medien befallen. „Long Covid, Short Memory“ möchte man sagen. Es gibt so eine morbide Sehnsucht danach, dass es bald losgeht. Irgendetwas wird imminent passieren, sagen heute Politiker in London und anderswo. In der Anglosphäre scheint der Wunsch nach Kampf und Haudrauf besonders verbreitet, kein Wunder. Und sicher hat auch der Kreml seinen Clausewitz gelesen: Krieg (genauer: Kriegsdrohung) ist Politik mit anderen Mitteln.
Vernunft, stille Diplomatie, Verhandlungen sind für Sissies, verstanden wird nur die harte Sprache. Ein einst beliebter Ex-Boxer trainiert für den Nahkampf in Kiew, Rocky VII.
Wie kommt man da wieder raus? Ich bin mal optimistisch, dass auch weiterhin in Zypern und Monaco Urlaub gemacht wird und feudale Parties in Londoner Luxusappartments erwünscht sind. Zudem glaube ich, dass die Wehrpflichtigen an der Front lieber bei Muttern am Ofen oder in den Armen der Freundin wären, als im Häuserkampf zerrieben zu werden. Heldentum dieser Art ist so uncool geworden und der Tod durch Geschützfeuer macht sich nicht gut auf Instagram.
Aber ich weiß längst, ich bin hoffnungslos naiv.
Zur Kommunikationsstrategie der Biden Administration, CNN.com 11.2.2022