Ein mörderischer Krieg überzieht das Land. Milizen, Terrorbanden und ausländische Truppen liefern sich Gefechte, ja sogar große Feldschlachten. Zwischendurch plündern und morden sie Zivilisten. Und das über Jahrzehnte, genau genommen drei. Syrien, Afghanistan? Weit gefehlt: Deutschland zwischen 1618 und 1648.
Wer Weitsicht, Geld und Ausbildung hatte, der machte sich auf und davon, zum Beispiel in die Niederlande. Dort gab es den Krieg nicht, im Gegenteil: Wohlstand, Reichtum, Luxus. Das Tiefland an Rhein und Schelde bis zu den Westfriesischen Inseln erfuhr die größte wirtschaftliche Blüte, die einem europäischen Land je widerfahren war.
In dieses Eldorado führte es den 18-jährigen Johann Sigmund Wurffbain aus Nürnberg. Sein Vater hatte ihm zur kaufmännischen Ausbildung in der Kaufmanns-Nation Europas schlechthin geraten. Nachem Wurffbain diese abgeschlossen hatte, war ein Kriegsende daheim nicht in Sicht. So bewarb er sich Anfang 1632 für den Dienst in der modernsten Handelsgesellschaft ihrer Zeit, der Vereenigde Oostindische Compagnie (VOC). Er wurde nur als einfacher Soldat aufgenommen, was weit unterhalb seiner Qualifikation lag. Aber selbst das war schon ein Glücksfall, zumal ihm eine spätere Aufnahme in den Kaufmannsstand zugesagt wurde.
Du bist kaum 20, du nimmst was kommt und hoffst aufs Beste – wer kennt das nicht? Was folgte, wurde eine 14-jährige Odyssee in Südost- und Südasien, deren Auf und Ab – auch die seiner beruflichen Pläne – er in einem Tagebuch festhielt. Nach seiner Rückkehr nach Nürnberg und seinem Tod veröffentlichte sein Sohn Johann Paul diese Erinnerungen in einem Buch, das zu den frühesten und zugleich eindrucksvollsten Darstellungen des Fernen Osten und des Alltags in kolonialen Handelsdiensten in Deutschland zählt. Daneben ist es die Erzählung vom beruflichen Werdegang eines jungen Nürnbergers in turbulenten Zeiten, mit denen sich viele heute eins zu eins identifizieren könnten.
„Es ist doch ein und allemahl gewiß, daß das Reisen eine großmüthig und nutzbare Sache sey. … Reisen bringet Lust, dabey aber auch öfters Last und ist selten ohne Unlust; wodurch mancher abgeschröcket lieber zu Hauß bleibet …. und auf den weichen Federn ruhet, als daß er durch Frost und Hitze, Regen und Wind belästiget … auf hartem Stroh schläffet.“
Vorwort zu „Johann Sigmund Wurffbains Vierzehn Jährige Ost-Indianische Krieg- und Ober Kaufmann Dienste“ Nürnberg 1686
Das 1686 publizierte Buch würde selbst heute noch als vorbildlich strukturiertes Werk gelten: mit Vorwort, Einführung zum Thema „Reisen“, einem alphabetischen Register, vielen Fußnoten mit inhaltlichen und fachlichen Egänzungen des Herausgebers, die den Wissensstand bis zur Publikation wiedergeben, sowie einer Übersichtskarte zur Reiseroute des Vaters. Zudem sind in einer Randspalte Zwischenüberschriften angefügt, welche dem Leser die Orientierung erleichtern. Das Deutsch des Barock kennt enorme Schachtelsätze. Einige der beschriebenen Ereignisse sind mit Kupferstichen illustriert, die aber im Wesentlichen der Fantasie des Künstlers entsprechen Das Original des Buches ist digital zugänglich, wie ich zu meinem Erstaunen durch Google herausfand, im digitalen Bestand der berühmten Herzog-August-Bibliothek in meiner Heimatstadt Wolfenbüttel (Gotthold Ephraim Lessing war einst dort Bibliothekar).


Die Städte der Vereinigten Niederlande hatten schon 1602 eine moderne Handelsgesellschaft gegründet – mit Kapitaleinlagen und Aufsichtsrat. Sie sollte den Fernhandel mit Ostasien betreiben: Gewürze – besonders kostbar: Muskatnüsse und Nelken -sowie exotische Waren, von chinesischem Porzellan bis zu indischen Textilien. Die Kaufkraft der Eliten daheim und in Deutschland war enorm – Krieg hin oder her. In nur zwei Jahrzehnten hatte die VOC Niederlassungen in Südindien, Taiwan und vor allem auf Java errichtet. Hier wurde ab 1619 Batavia zum Zentrum des Handels in Ostasien.
Junge Bewerber für den Job in der VOC wie Wurffbain mussten sich für mindestens fünf Jahre verpflichten und bereit sein an „nichtsnutze ungesunde Örter“ zu gehen (Batavia, Pulicat in Südindien und Zeelandia auf Taiwan gehörten schon zu den besseren Standorten der VOC). Wer kein Niederländisch konnte, wurde nur als Soldat verpflichtet. Nach zehn Jahren konnte man befördert werden, so die Bildungsvoraussetzungen erfüllt waren. Aber Wurffbain hatte Niederländisch (und sogar Französisch) gelernt. Mit Blick auf die desolate Lage in der Heimat fasste der junge Mann dannhero … mit Vorwissen seiner Eltern die schwer und harte Resolution sich nach Orientalisch Indien … zu begeben und mit Gott sein Heil und Glück in denen weit entlegenden Ländern zu versuchen. … Weil aber die Anzahl der Kauffmanschafts-Verwandten allbereit völlig besetzt war hat besagter Herr Wurffbain … sich bereden lassen Soldaten-Dienste anzunehmen, jedoch mit dem Versprechen … sobald sie gehöriger Örter angelangen würden, ihn zu Kauffmanns-Diensten nach Möglichkeit befördern möchten.
Am 6. März 1632 beginnt die Reise mit der Ausschiffung nach Texel. Dort steigt er mit 85 Kameraden auf das neugebaute Schiff Zutphen um, das am 5. April mit insgesamt 298 Personen an Bord, darunter der General Heinrich Brauer als künftiger Chef in Batavia mit Frau und kleinem Töchterlein (3 Jahre) sowie zwei Dienstmädchen in See sticht. In einer solchen Frühjahrsflotte waren meist ein Dutzend Schiffe zusammen gestellt. Die typische Reisezeit nach Batavia dauerte sechs Monate.

Reise Wurffbains auf der Zutphen nach Batavia 1632 – Überblick:
- 5. April: Segel setzen in Texel
- 24. April: Passieren von Madeira, 26.4. Teneriffa
- 28./29. April: Querung Nördlicher Wendekreis.
- 2 Mai: Zwischenstopp Kapverdische Inseln, erster Brief an die Eltern in Nürnberg
- 17. Mai: Überquerung Äquator. Statt Wein werde wegen der Hitze Bier ausgeschenkt, notiert Wurffbain. Skorbut bricht aus, weshalb Zitronensaft verteilt wird.
- 5. Juni: Querung Südlicher Wendekreis
- 24. Juni: wegen der zunehmenden Kälte wird auf wärmende Getränke umgestellt.
- 27. Juni: Sichtung Kap der Guten Hoffnung. Da alles auf dem Schiff bestens und das Wetter gut ist, wird beschlossen schnurgerade nach Batavia weiter zu segeln. Die Niederländer hatten gelernt, die Westwinde um den 40. Breitengrad Süd zu nutzen (Roaring Forties), um den Indischen Ozean zu über queren und die portugiesischen Stützpunkte in Indien und der Halbinsel Malaya zu umfahren.
- 19. Juli: Sichtung der Insel St. Paul im südöstlichen Indischen Ozean
- 19. August: Java taucht am Horizont auf.
- 21. August: Einfahrt in die Sunda-Straße
- 25. August: Ankerung vor Batavia und Ausschiffung. Rekordreisezeit von 4 Monaten und 17 Tagen.



Mehr als vier Monate vergingen in Batavia. Wurffbain wäre gern Kaufmann geworden, aber ihm wurde nicht einmal ein Vorstellungsgespräch genehmigt, entgegen der Zusage daheim. Die Enttäuschung für den junge Nürnberg ist aus seinen Zeilen spürbar. Schließlich musste er sich mit 336 Soldaten am 3. November 1632 mit einer kleinen Flotte nach den Molukken einschiffen, was ihm gar nicht passte: „Gegen widerspenstige Einwohner von Ambon, Ceram und anderen derselben Gegend gelegenen Inseln … Befehl ergangen, hat auch den wolseeligen Herrn Wurffbain das Unglück getroffen, daß er sich zu dem kümmerlichen Schiffszug sich fertig zu machen, neben anderen gleichfalls Befehl erhalten, deme in Geduld obschon mit schlechter Lust Folge zu leisten“. Im Dezember kommt die Besatzung auf Ambon an, zwei Monate später (11.2.1633) geht es nach Ceram weiter, wo der Widerstand besonders stark ist. Wurffbain beschreibt die Kämpfe zwischen den Ambonesen und den Niederländern ausführlich. Endlich erreicht der 20-Jährige am 1. Mai die kleine Insel Neyra (heute Banda Neira), sechs Monate nach der Abfahrt von Batavia und gut ein Jahr nach seiner Abreise in den Niederlanden.
Vier Jahre auf Banda Neira
Fast am Ende der damals bekannten Welt gelegen ist die Inselgruppe Banda Neira heute noch ein Eiland in der Bandasee südlich der Molukken. Zoomt man aus der Karte unten in einen kleineren Maßstab der indonesischen Inselwelt, verschwinden die Inselchen fast im Blau des Meeres.
Das wurde Dienstort des jungen Nürnbergers, wohl wahr einer nichtsnutzigsten Örter, auf die man beordert werden konnte. Und doch: Muskatnüsse und Gewürznelken machten die Insel zum Wertvollsten, was eine europäische Handelsgroßmacht besitzen konnte.
Wurffbain verbringt die Monate und Jahre hier am Ende der Welt damit, dass er penibel Tagebuch führt, über Ankunft und Abfahrt der Schiffe, deren Ladung, über Vorkommnisse, Verbrechen und die barbarischen Bestrafungen seiner Zeit.

Aber er interessiert sich auch für die Geographie der Inseln, für Pflanzen, Tiere (siehe folgenden Abschnitt)

und die Geologie. Er beklagt die häufigen Erdbeben und besteigt sogar den Vulkan Gunung Api, wo er eine große Lavahöhle entdeckt. Wurffbain berichtete detailgenau über einen Tsunami in der Inselgruppe, der sich am 1. August 1629 ereignet hat (mit Sicherheit die erste Beschreibung eines solchen Ereignisses in deutscher Sprache):

Am 16. September 1634 wird Wurffbain probeweise zum Kaufmann in der VOC übernommen, bis dahin hatte „in wehrender solcher Zeit sich schlecht und kümmerlich, jedoch mit Gottlob jederzeit mit gesundem Leib behelfen müssen…“ Am 15. Januar 1635 wird seine Beschäftigung im Kaufmanns-Dienst bestätigt, mit Gehaltssteigerung (sein Gehalt wurde im Nachhinein für die Probezeit nachgezahlt). Nur wenig später wird er für einen degradierten Ober-Kaufmann an dessen Stelle befördert.

Mit dem Schiff „Der Guldene Leu“ sendet Wurffbain seine Tagebücher via Batavia an die Lieben in der Heimat, er hat großes Vertrauen in die Postlogistik der VOC.



Am 23. März 1637 ist die fünfjährige Dienstzeit erfüllt und Wurffbain will kündigen, erfährt aber, dass in Deutschland weiterhin der Krieg tobe. Er bewirbt sich für eine andere Stelle in der VOC, man will ihn auf Neyra halten und versucht ihn mit einer Gehaltserhöhung zu locken. Er aber lehnt ab und bereitet sich auf die Abreise nach Batavia vor. Am 6. April, nach 4 Jahren und 11 Monaten auf der Insel Neyra, schifft er sich ein und erreicht über Ambon, Ternate und Makassar nach fast zwei Monaten wieder Batavia. Dort erwarten ihn Brief von Zuhause, die am 25. April 1637 in Nürnberg abgeschickt worden waren. Er erfuhr „die sichere Nachricht …, dass in Teutschland das höchstverderbliche Kriegswesen noch kein Ende genommen, sondern je länger je mehr sich auszubreiten beginne„. Es fiel dem jungen Mann sichtlich schwer, nach jetzt schon sechs Jahren VOC-Dienst nicht mit der im Winter in die Niederlande abfahrende Flotte abzureisen.
Er will sich nur für ein weiteres Jahr verpflichten, bevorzugt in Formosa, Surat oder Persien. Aber man überredet ihn, sich wenigsten für vier Jahre in die Schreibstube der VOC in Surat (nördlich von Bombay gelegen) zu bewerben, ein wie man ihm versichert guter Dienstort.

Er ist jetzt 25 Jahre und nimmt das Angebot an.
Wurffbains Zeit in Indien und Westasien (Oktober 1638 bis April 1645)
Das Schiff „Herzogenbusch“ segelte mit 144 Personen und einer Ladung von Edelholz, Gewürzen und Prozellan (wie immer fein von Wurffbain aufgelistet) am 21. Juli 1638 in Batavia ab. Es kam am 15. Oktober vor Surat an.
Surat, im indischen Bundesstaat Gujarat nur wenig nördlich von Mumbai gelegen, war damals der Haupthafen des Reiches der Mogulkaiser in Agra. Dort ist gerade das Taj Mahal im Bau, das 1648 vollendet wird. Surat ist zudem für den Edelsteinhandel und deren Verarbeitung bekannt. Bis heute bestehen enge Beziehungen zwischen den Diamantenschleifern in Surat und den Händlern in Antwerpen.
Das Buch schildert umfangreich (analog S. 133-144, digital S. 181-192) die Präsenz der Niederländer im Reich der Mogulkaiser, deren Reichtum und Herrschaftsform wie insgesamt eine Landeskunde Mogulindiens, die eine Fundgrube für historische Forschung wäre. Hier nur ein Zitat: „Insgesamt sind die Kauffleute und Handwerker, undzwar von allerley Arten und Sorten, gleich wie man sie in Europa haben mag. Wobey ihr guter Verstand gar wohl abzunehmen (scheint), an dem sie denen Europäern fast gleich seyn sollten, woferne sie nur nicht gar irrig in ihrem Glauben wären. Dan sie sind ganz teuflischer Weiß abgöttisch (Hervorhebung im Original!), haben unterschiedliche Götzen so ihren Schriften nach über die 12000 Jahre sind und große Wunderthaten gethan haben.“
Seine erste große Dienstreise von Surat aus machte Wurffbain nach Ahmedabad (1. Januar bis 11. März 1639). Im März 1640 wird der junge Kaufmann von seinen Vorgesetzten zu einer Handelsreise nach Mocka, in den Mund des Roten Meeres, befohlen: Das Schiff „Der Fliegende Hirsch“ passiert die Insel Socotra und macht kurz Station in Aden. Nach neun Wochen ankert „Der Fliegende Hirsch“ vor Mockha. Wurffbain verhandelt hier sehr geschickt, zumal die Niederlande an der arabischen Küste eng mit den Rivalen Portugal und England samt der unvermeidlichen Intrigen in Kontakt kommen.
Er kann seine Waren aus Fernost gut ver- und Weihrauch, Myrrhe und vor allem Cauwa einkaufen. Letzteres ist „eine Art von Bohnen, die alleine dem umb Mocka liegenden Gebürg zu wachsen pflegen und von den Mahumetanern sowohl in Türckey als auch durch ganz Indien zu Erhaltung der Gesundheit täglich überflüssig gebraucht werden. Undzwar wann selbige im Feuer ganz kohlschwarz gebrannt und dann gestoßen und gekochet trinken sie das Wasser davon ganz sud und brenn heiß vorgehend, daß es den ganzen Leib erhitze. … und bedienen sich solches Trancks anstatt des Weins, wie dann dergleichen Cauwa-Häuser hin und her sehr viel gefunden werden.“ Ganz nebenbei ist dies die erste Beschreibung von Kaffee (eben: Mocka)-Zubereitung in Deutsch, samt dem Hinweis auf die „Cafehäuser“ in der Stadt Mocka. Ein Hoch auf die Arabica-Bohnen!
Nach zehn Wochen in dem jemenitischen Hafen wird sein Schiff mit einer Ehrensalve verabschiedet, wie es schon bei Ankunft mit „großem Bahnhof“ begrüßt worden war.

Es nimmt Kurs auf Gamron (Bandar Abbas) an der Straße von Hormuz. Auch hier verkauft er Waren aus Fernost und erwirbt Seide, Türkise und Perlen. Bei der Rückkehr nach Surat erstattet er Bericht von einer außerordentlich erfolgreichen Handelsreise unter seiner Leitung. Er wird später zum Ober-Kaufmann befördert und kann an einer Reise ins portugiesische Daman teilnehmen, wo der Friedensvertrag zwischen Portugal und den Niederlanden für die Besitzungen in Indien unterzeichnet wird.
Bei all diesen Erfolgen aber wird Wurffbain klar, dass er niemals Direktor der VOC werden konnte. Er war für jenen Posten für ganz Persien vorgeschlagen worden, was aber im Rat in Batavia mit dem Hinweis abgelehnt wurde, nur Niederländer könnten in so hohe Positionen gelangen. Er zieht daraus für seine berufliche Zukunft die Konsequenzen:

Rückkehr in die Heimat

Nach Ablauf von sechs Jahren in Surat reist Wurffbain am 12. April 1645 in Richtung Batavia ab. Am 25. April passierte das Schiff Kap Komorin (Südspitze Indiens) und am 27. Galle an der Südspitze Sri Lankas. Am 25. Mai kam Sumatra in Sicht, am 29. Mai durchfährt es die Sundastraße mit dem Vulkan Krakatau und kommt am 30. Mai vor Batavia an. Dort bietet man ihm eine Position in der Verwaltung an, aber er lehnt dankend ab. Nach Japan oder China (Formosa) wäre er wohl noch gegangen. So aber meldete er sich für die „Retour Flotte“ des Winters, die sich von Batavia aus in die Niederlande aufmacht.
Die kleine Flotilla von neun Schiffen machten sich in einem Konvoi mit klaren Verhaltensabsprachen für die lange Reise am 21. Dezember 1645 auf den Weg. An Bord der Schiffe sind insgesamt 1188 Personen. Ein kurzer Zwischenstopp gibt es am Kap der Guten Hoffnung, von dort geht es am 3. März 1646 weiter. Drei Wochen später ankern die ersten Schiffe des Konvois vor St. Helena. Das war der in Batavia ereinbarte Treffpunkt. Am 30. März sind alle neun Schiffe wieder zusammen.
Wurffbain beschreibt die Rückreise über zwei Dutzend Seiten und listet Personen, Fracht und die Ereignisse an Bord auf. Durch den nördlichen Atlantik um die Britischen Inseln herum nach Süden durch die Nordsee erreichen die Schiffe die Scheldemündung in Vlissingen. Der seelige Herr Wurffbain, schreibt sein Sohn in der Buchausgabe von 1686, habe diese sehr gefährlichen und beschwerlichen Reisen, wie auch die ganze übrige Zeit seiner Anwesenheit in Ost-Indien „sonder Anstoß in unverrückter stets beharrlicher Gesindheit undzwar in allen der Ostindianischen Compagnien Diensten14 Jahre, 3 Monate und 20 Tage zugebracht, davor dem höchsten Gott hoher und ewiger Dank gebührt.„
Am 6. September kommt Wurffbain in Delft an. Von dort reist er mit der Kutsche des niederländischen Gesandten bei den Friedensverhandlungen nach Münster „und ansehnlich der annoch sehr streittenden Partheyen und großen Unsicherheiten dem Vaterland zugeeilet“ , weiter über Warendorf, Kassel, Eisenach und Bamberg. Am 21. September 1646 ist er zurück in Nürnberg.
Mit 33 Jahren hatte er einen einzigartigen „Lebenslauf“ vorzuzeigen und sich sogar ein kleines Vermögen verdient. Er heiratet, sein Sohn Johann Paul Wurffbain wird 1655 geboren. Johann Sigmund Wurffbain stirbt im Alter von 48 Jahren am 2. August 1661. Viel zu früh, wie sein Sohn beklagt, der mit 6 Jahren den Vater verloren hat.

Was mich am Buch und an der Person von Johann Sigmund Wurffbain fasziniert hat, ist die Präzision und Modernität des Werkes und seiner Hauptfigur. Der junge Nürnberger wirkt wie eine Person aus unserer Zeit, dem Krieg entfliehend aber seine Karriere mit Konsequenz und Mut verfolgend. Damit können sich viele identifizieren.
Seine Erfahrungen in Ostindien aber werfen auch ein Schlaglicht auf die Geopolitk seiner Zeit, auf Business-Gebahren und niederländischen Kapitalismus der Neuzeit, mitten im Dreißigjährigen Krieg. Dem gegenüber steht ein Menschenverständnis, das barbarische Strafen und Züchtigungen rechtfertigt. Geschäft, Macht und Ausbeutung scheinen sich zu bedingen, nichts Neues bis heute.
Quellen:
Facsimile-Ausgabe der Reisebeschreibungen von Wurffbain. Wolfenbütteler Digitale Bibliothek