Dhofar: Wo Weihrauch wächst

Am Tag der „heiligen Dreikönige“ saß ich im Flugzeug Richtung Morgenland. Mit zweimal Umsteigen kam ich tags darauf in der gleisenden Sonne von Salalah an, der Hauptstadt des Dhofar. Die Provinz am Ende der Arabischen Halbinsel nennt sich selbst „Frankincense country“ – Weihrauchland. Die Sterndeuter aus dem Morgenland brachten der biblischen Erzählung nach Weihrauch mit, in gleichem Atemzug genannt mit Gold. So kostbar galt jenes Harz der Boswelia sacra-Pflanze.

Weihrauchampel in Santiago de Compostella

Jeder Katholik oder orthodoxe Christ kennt den Duft, der die Liturgie begleitet – Weihrauch gleich Hochamt. Und Oman ist der größte Lieferant jener Kostbarkeit. Die ältesten Pflanzen sind von der UNESCO als Welterbe geschützt. Man findet sie im Wadi Dawkah, rund eine Stunde Fahrt auf dem Hochplateau nördlich von Salalah.

Die vierspurigen Verbindungsstraße Nr. 31 von Dhofar in die 1000 km entfernte Hauptstadt Muscat führt von der Küstenebene steil hoch auf fast 1000 Meter Höhe. Hier am Rand der Wüste ist es heute nur knapp 20 Grad, ein trockenes Lüftchen mildert die intensive Sonnenstrahlung. Ein Wegweiser steht an der Abzweigung zum Wadi und es sind nur wenige hundert Meter bis zu einem Parkplatz.

Vor mir liegt ein flaches Tälchen, in welches gut ausgebaute Holzstege runter führen. Die Boswelia-Büsche werden über ein Schlauchsystem bewässert, gehegt und gepflegt von einem einsamen Parkwächter in traditioneller Kluft (Kaftan und Turban). Er kommt gleich auf mich zu. Ob ich Katholik sei, will er wissen. Und etwas konspirativ: Er sei es auch, aus Pakistan. Er bittet mich neben einem Weihrauchstrauch zu warten und bringt ein Plastikbeutelchen voller Harze mit. Nur zeigen, nicht mitnehmen oder fotografieren. Das Harz entsteht, wenn die Rinde des Strauchs angeschnitten wird. Er kratzt ein Stückchen an, es riecht nach Hochamt hier am Rande Arabiens.

Blick auf das Wadi Dawkah

Es ist eine eigentümliche Vorstellung, als ich zwischen den Büschen spazieren gehe, dass von hier aus über Jahrhunderte Karawanen das kostbare Harz quer durch die Arabische Halbinsel und weiter über die Levante und Venedig in die Kathedralen Europas geliefert haben.

Als ich zurück zum Auto komme, treffe ich die einzigen anderen Besucher, ein Paar aus Süddeutschland (von ihnen stammt das Foto des Autors vorm Auto). Auf dem Rückweg nach Salalah kreuzt ein Kamel die Straße. Es hat Vorfahrt, als wolle es sagen: „Haltet mich nicht auf, ich muss nach Palästina!“

Später am Nachmittag besuche ich das Museum of the Frankincense Country im Nordosten von Salalah. Es dokumentiert die lange Geschichte der Region und ihre Verbindung mit dem Fernhandel in die Levante und nach Südasien.

Dort sind nicht nur Weihrauch-Harze hinter Glas zu sehen, sondern auch tönerne Weihrauchbrenner, die schon Jahrtausende alt sind. Der geweihte Rauch hat also eine Geschichte, die weit vor unsere kirchlichen Rituale zurück geht. Hatte nicht schon die Königin von Sabah jenem Salomon Weihrauch mitgebracht?