Re „Die Wahrheit über Halloween“. DW Deutsche Welle online, 1.11.2021
Ein lesenswerter Artikel, den die Webseite der Deutschen Welle zum Thema des Tages veröffentlicht hat. Karnevalsindustrie und amerikanischer Kommerz haben sich der keltisch-irischen Tradition von Halloween bemächtigt und dabei gleich noch Allerheiligen und Allerseelen mitgenommen.

Das Ganze läuft global ab: In einer Straße in Hanoi sah ich vor zwei Jahren Ladenzeilen mit Plastikschmuck zum Thema Halloween. Er wird rund um den Globus zum Kauf angeboten, wohl in Vietnam produziert. In jener Gesellschaft Asiens ist das so fremd wie Schwarzwälder Kirsch.
Die Geister beschwören, Untote besänftigen und zu Beginn der dunklen Jahreszeit (die Zeitumstellung in diesem Jahr passte haargenau) in ihre Schranken zu verweisen hat eine Tradition bis zurück in die frühe Christianisierung Irlands. Aber beim Kommerz mit Seelenheil und dem Jenseits war auch die Kirche des späten Mittelalters nicht zimperlich. Das Gebaren von Geld gegen verkürztes Fegefeuer rief nicht umsonst Martin Luther auf den Plan, der am Abend vor Allerheiligen im Jahr 1517 seine Thesen zur Reform der Kirche verkündete.
Allerheiligen und Allerseelen sind aber über Jahrhunderte Feiertage in der katholischen Kirche geblieben. Am Abend werden rote Lichter auf die Gräber der verstorbenen Verwandten gestellt. Ich erinnere mich daran, wie wir am Abend des Allerheiligentages zum großen Friedhof der Kirchengemeinde gingen. Unter Bäumen oberhalb der Kirche am Hang gelegen, erstreckte sich ein Lichtermeer in der Dunkelheit. Der Friedhof war voller Menschen und meist fielen die ersten Schneeflocken. Ein nass-kalter Wind drohte die Kerzen auszublasen. Die Gräber und wir Lebenden wurden gesegnet. Klingt heute ziemlich archaisch.
Aber es war gleichsam ein Treffen mit den Seelen unserer Toten. Sie waren uns schon voraus gegangen, so glaubten wir. Wir wünschten ihnen alles Gute im Jenseits, wo sie ein gutes Wort für uns einlegen konnten. Ich fand es ein wenig unheimlich und schön zugleich. Halt unheimlich schön.
