León: hundert Meter Jakobsweg

Orgelsolo, Kathedrale von León, 17.10.21

Der Organist gab noch einmal alles. Am Ende des Hochamtes an diesem Sonntag brauste die Orgel durch die Kathedrale von León, als wollten die gotischen Spitzbögen und Glasfenster uns mitteilen „Auf, Ihr Pilger. Haltet durch, Santiago ist nicht mehr weit.“

Ich gebe zu, wir schafften hundert Meter von der Kathedrale bis zur nächsten Tapasbar. Ganz León schien auf den Beinen. Man ahnt, auf was die Spanier in der Pandemie verzichten mussten. Jetzt sind sie Impfweltmeister und alles ist geöffnet.

Einige Pilger sind aber unterwegs, nicht zu Bier oder Rotwein samt Tortillas, sondern mit Rucksack und Stöcken zur inneren Einkehr. León ist das gewohnt. Seit über tausend Jahren ziehen die Pilger durch die Stadt in Richtung Galizien. Sogar unser Hotel stempelt den Pilgerpass ab.

Ich bewundere alle, die sich der Wanderung auf dem Jakobsweg unterwerfen. Hut ab. Wir genießen heute aber den Spaziergang durch die Altstadt, trotz des nass-kühlen Wetters.

Ich stelle mir einen Sonntag in unserer Stadt vor, mit vereinzelten Spaziergängern. Hier drängen sich mittags Mann, Frau und Kind zum Treffen mit Freunden und Drinks in den Bars.

Einziger Nachteil: Museen sind in Spanien, dann geschlossen, wenn wir sie (nachmittags) besuchen wollen. Und ein Abendessen vor 20 Uhr ist kaum möglich. So pilgern auch wir durch die Tapasbars von León und erfreuen uns an der post-pandemischen Freiheit für die Kastillianer.