Ein Brief aus Korinth

Der tiefe Einschnitt am Isthmus von Korinth könnte von einer überdimensionalen Tortenschaufel stammen. Von einer Metallbrücke schaue ich in den Spalt, der den Saronischen Golf mit dem von Korinth verbindet. Als Skipper hätte ich wohl das Gefühl, erdrückt zu werden.

Hier oben zittert die Brücke unter den Autos und Lastwagen, die zwischen der Peloponnes und Attika unterwegs sind. Eine Gruppe junger Leute marschiert zum Bungy-Sprung mitten auf die Brücke. Letzte Instruktionen und dann springt der erste rückwärts mit einem Schrei in die Tiefe. Minutenlang baumelt er wie ein Köder an der Angel über der Schlucht.

Man muss wohl Lust aufs Leben und Glaubensstärke haben. Die hatte um 50/51 A.D. auch der Mann aus Tarsus, der hier, in der wohlhabenden Handelsstadt unterhalb eines mächtigen Felsens ziemlich neue Ideen verbreitete. Er reiste viel durch den östlichen Mittelmeerraum und verschickte ab und an Briefe an die noch kleine, aber wachsende Fangemeinde. Zwei schrieb er auch nach Korinth.

Alt-Korinth liegt oberhalb der modernen Stadt. Den Kanal gab es noch nicht, aber zwei Kaiser in Rom hatten sich schon mit der Idee beschäftigt, den Seeweg um die Peloponnes zu verkürzen.

Wo sonst Bus an Bus vorfahren, war heute in der heißen Sonne gähnende Leere. Ein Laden verkauft Ikonen für die Gläubigen, eine davon zeigt jenen Paulus. Der junge Mann, der die Rechnung für unser Mittagessen bringt, fragt, ob wir geimpft sind. Er sei es noch nicht und will wissen, wie man an eine Dosis käme. Man spürt in der leeren Taverne, wie gern er das alte Leben zurück hätte.