Um das Jahr 1015 gibt es in mindestens zwei Kulturräumen eine Blüte der Bronzekunst: in Hildesheim (Niedersachsen) und in Thanjavur (Tamil Nadu). In Hildesheim wurde die berühmte Bernwardstür am Mariendom gegossen. Und in Thanjavur entwickelte sich während der Herrschaft der Chola-Dynastie im Kaveri-Delta die Kunst der Bronzeplastiken zu einem Höhepunkt. Insbesondere die Darstellung des im Flammenkranz tanzenden Gottes Shiva ist ikonisch. Heute finden sich Chola-Bronzen in allen großen Museen weltweit, auch am Heimatort der Dynastie in Südindien (Bilder oben aus dem Palast des Rajas von Thanjavur).
Chola-Bronzen Museum, Meenakshi-Tempel, Madurai
Der Unterschied heute ist, dass bei uns die Bronzegießerei nicht mehr verbreitet ist, hingegen in Thanjavur werden die Bronzefiguren wie vor 1000 Jahren weiter hergestellt. Es ist allerdings nicht leicht, eine solche Produktionstätte in der Stadt ausfindig zu machen. Wir fanden mit Hilfe unseres Busfahrers einen kleinen Familienbetrieb, der seine Geschichte bis in die Zeit der Cholas zurück verfolgen kann.
Die Bronzen, meist Figuren der Hindumythologie, aber auch der tanzende Shiva, werden wie einst im Wachsauschmelzverfahren hergestellt. Fotos von A. Perrone
Der Künstler erstellt zunächst ein Wachsmodell der gewünschten Figur. Jedes dieser Modelle ist ein Unikat – weil es sich im späteren Prozess verflüssigt.
Wachsmodell wird mit Ton abgedeckt
Das Wachsmodell wird dann mit einem Formstoff ummantelt, hier eine Tonart. Beim Brennen dieser Masse fließt das Wachs heraus, es bleibt eine Hohlform zurück.
Das Metall, neben Bronze häufig auch nur Messing, wird erhitzt und dann in die Form eingefüllt.
Die Form kühlt ab und wird mit Hammerschlägen entfernt. Zurück bleibt die Metallfigur.
Sie wird dann mit einer Feile bearbeitet, bis sie die unglaublich lebendige Form erhält. Was zunächst grobschlächtig wirkt, entpuppt sich später als Kunstwerk.

Ein solches Meisterstück habe ich im Laden der kleinen Werkstatt erworben. Seht selbst.