Taj Mahal – Monument aus einer anderen Welt

Es ist alles gesagt und geschrieben. Poeten, Reisende, Reporter haben sich versucht, Pracht und Anmut eines Bauwerks aus Marmor und Edelsteinen in Worte zu fassen. Selbst der um Kommentierungen nicht verlegene Mark Twain schrieb Ende des 19. Jhds. auf seiner Weltreise, ganz unironisch: „Das Taj Mahal (ist) das berühmteste Bauwerk der Welt. Ich hatte viel zu viel darüber gelesen. Ich sah es tagsüber, ich sah es im Tageslicht, ich sah es in der Nähe, ich sah es aus der Ferne; und ich wusste die ganze Zeit, dass es das Wunder der Welt schlechthin war, mit keinerlei Konkurrenz jetzt und keiner in der Zukunft.“ (in „Following the Equator“)

Gebaut von einem verliebten Despoten in einer Zeit, als sich Deutschland in einem grausamen Dreißigjährigen Krieg zerlegte, als Niederländer und Briten schon die Weltmeere beherrschten, Antwerpen, Amsterdam und London vom Welthandel superreich wurden und die Jesuiten aus Portugal ein Reich nicht von dieser Welt in Asien zu errichten suchten, steckt in jenem Grabmal am Südufer des Yamuna alles, was das Reich der Mogulherrscher in Agra hergeben konnte: irre finanzielle Ressourcen, Handwerkskunst und Design, die selbst die absolutistischen Herrscher Europas verblassen ließe.

Einlegearbeiten aus Halbedelsteinen an einem Torbogen des Taj Mahal

Das Wahrzeichen Indiens, von Millionen jedes Jahr besucht, ist ein islamisches Bauwerk. Es ruinierte einst die Staatsfinanzen und war der Beginn vom Ende der Mogulherrschaft. Unter jenen Kaisern des 16. und 17. Jahrhunderts entstanden die Residenzstadt Delhi (Shajahanabad, wie es nach seinem Erbauer hieß), die aus rotem Sandstein erbauten Forts und Residenzen in Delhi und Agra, eine nie besiedelte „Hauptstadt“ Fatehpur Sikri, traumhafte Parks und Gärten in der Sommerresidenz Srinagar in Kaschmir und viel andere architektonische Wunder, die für den Tourismus in Indien heute so wichtig sind.

In einem Reisetagebuch von 1977, welches auf einer Überlandreise nach Indien mit zwei Freunden entstand, schrieb ich (am 29.9.): „Es ist doch ein Gedicht, dieses Grabmal. Was hier aus Marmor mit Durchbruchs- und Einlegearbeiten geschaffen wurde, ist einfach toll! Gestern Abend waren wir bis halb neun hier: ein traumhaftes Erlebnis im Vollmond mit dem Zirpen der Grillen, dann das silbergrau leuchtende Taj.“

Mit meiner Familie und später als Reiseleiter war ich noch häufiger am Taj Mahal. Die Zahl der Touristen und damit das Gedränge um das Wunderwerk hat stetig zugenommen, auch der Eintrittpreis und die Zahl von Sicherheitsschleußen. Aber von der Faszination des Bauwerks, ja der gesamten Parkanlage mit den Seitenbauten aus rotem Sandstein und Marmorelementen ist nichts verloren gegangen.

Wer sich von den Staus auf der Schnellstraße von Delhi oder von den Warteschlangen in schwüler Hitze nicht abhalten lässt, ja wer sich das Timing leisten kann, frühmorgens am Taj zu sein oder in einer Vollmondnacht, dem bleibt auch wenn er schon Dutzende Fotos gesehen hat nur noch ein Staunen.

Losgelöst vom historischen Kontext und von heutiger Politik – derzeit wohl stoisch über dem pandemiegeplagten Indien schwebend – ist das Taj Mahal schlichtweg ein Wunderwerk.

Offizielle Webseite des Taj Mahal von der Landesregierung Uttar Pradesh