Von Kurkuma bis Zimt, von Pfeffer bis Vanille, Ingwer, Kardamon, Nelken, Muskatnüsse – tropische Genussmittel und Gewürze begleiten uns durch den Tag: Er beginnt mit dem Morgenkaffee, verläuft (vielleicht) mit einer Tasse Tee am späten Nachmittag und endet mit einem gut und exotisch gewürzten Essen am Abend. Europäische Mächte führten im 16. und 17. Jahrhundert Kriege, bauten Forts rund um die Ozeane und machten sich den Globus untertan, um das Geschäft mit diesen tropischen Genüssen zu beherrschen.
Die ehemaligen Kolonien sind jetzt selbst Exporteure von Tropenprodukten. Von Guatemala über die Elfenbeinküste bis nach Kenia, Sri Lanka und Indonesien reichen die Länder, die uns beliefern.
Begonnen hat der Handel mit Gewürzen im heutigen Kerala in Südindien. Seit der Römerzeit war man buchstäblich scharf auf die Produkte im Hinterland der Malabarküste. Und mit dem 16. Jahrhundert kamen zu den Arabern und Chinesen noch die Europäer hinzu, führend mit Portugal (oben das älteste europäische Bauwerk in Indien, ein Fort aus dem Jahr 1503). Aber die Konkurrenz folgte auf dem Fuß: die Niederlande und vor allem das Vereinigte Königreich.
Die Rajas, welche die Häfen an den Küsten beherrschten, wussten sehr wohl um den Schatz in den Bergen im Hinterland und verhinderten mit Kräften, dass Europäer sich dort niederließen. Erst mit der Kolonialzeit, in der die Europäer (in Indien die Briten, in Indonesien die Niederländer) zu Territorialherren wurden, änderte sich dies. Jetzt wurden ganze Landstriche mit Plantagen überzogen.
Als Tourist ist es heute eine ganz besondere Erfahrung, das Bergland in Südindien, welches sinnigerweise Cardamon-Gebirge heißt, zum Beispiel auf der Route von Madurai nach Cochin/Kochi zu überqueren. Es ist buchstäblich eine Lektion in Gewürz- und Plantagengeographie.

Beginnt die Route westlich von Madurai noch in den künstlich bewässerten Reisfeldern, so wird es am Ostabfall des Gebirges (das Cardamon-Gebirge ist der südliche Ausläufer der Westghats) zunächst immer trockener. Der Südwestmonsun im Sommer hat hier keine Chance, im Gegenteil: er fällt als trockener Wind von den Bergen herunter.

Sobald sich aber die Straße das Gebirge hinauf schlängelt, ändert sich die Vegetation. Zunächst kommen oft Teakwälder, dann ab etwa 1000 Höhenmeter beginnt die Plantagenzone. Kaffee liebt ausgedehnte Trockenphasen und Wärme, zuviel Sonne aber schadet. Daher wachsen die Büsche am besten unter Schattenbäumen.
Hier im Süden Indiens sind die Kaffeenanbauer Kleinbetriebe, weiter nördlich in Karnataka und im nördlichen Kerala gibt es den wichtigeren kommerziellen Anbau (vor einiger Zeit bot eine deutsche Rösterei „Monsunkaffee“ an).
Weiter hoch auf dem Kamm des Gebirges (z.B bei Munnar oder Thekaddy) befindet sich die Kernzone des Gewürzanbaus, vorallem Cardamon und Pfeffer. Teeplantagen nehmen hier ebenfalls große Flächen ein, da es Niederschläge, Bodenqualität und Sonnenschein in idealer Kombination gibt.

Am Westabfall in Richtung Malabarküste nehmen die Niederschläge gewaltig zu und bieten beste Bedingungen für Kautschuk. Zur Küsteneben hin fährt man durch Plantage an Plantage. Mitten unter Bäumen stehen elegante Villen, da der Anbau von Naturkautschuk immer noch hochprofitabel ist.



Wer dieses Profil, wie wir Geographen sagen, einmal bereist hat, der versteht, mit welchem natürlichen Reichtum Kerala gesegnet ist. Zwar ist auch hier der Gegensatz von arm und reich spürbar, aber die Sozialgesetzgebung in Kerala ist die fortschrittlichste in Indien, mit Mindestlöhnen, gewerkschaftlicher Organisation, nahezu 100 % Alphabetisierungsrate und allgemeiner Gesundheitsfürsorge.
Im Gegenteil, Kerala kann all den gut Ausgebildeten kaum Arbeitsplätze außerhalb der Landwirtschaft bieten. Der Tourismus fängt noch einen Teil von ihnen auf, aber ein ebenso großer Teil migriert in die Golfstaaten. Jeder Flughafen in Kerala hat Direktverbindunegn in die Emirate, nach Oman oder Bahrain. So „exportiert“ Kerala Ärzte, kaufmännische Angestellte und Krankenschwestern. Und manche katholische Kirchengemeinde bei uns hat auch schon einen Pfarrer von der Malabarküste. Das hätte man sich im 16. Jahrhundert wohl kaum vorgestellt.