Man sollte Einsicht mit der politischen Exekutive zeigen: Da versucht alle zwei Wochen eine „MPK“ (das Kürzel kennt jetzt jeder) in der sich beschleunigenden Phase der Pandemie wirksame, aber auch nicht unzumutbare Vorgaben für das Volk zu beschließen. Das mitten in der Nacht, über Parteigrenzen hinweg (irgendwo sind alle von links bis rechts an Regierungen beteiligt) und mit mindestens 17 um politisches Profil ringenden Teilnehmern. So was muss schiefgehen. Es geht vor allem in der medialen Darstellung schief. Aufgepeitscht, aufgeheizt, zwischen „Empörung“ und „Unverstandnis“, zwischen Ratlosigkeit und Besserwissen überschlagen sich die „Eilmeldungen“ und die „Live streams“ im Netz.
Entweder folgt man Virologen und Medizinern – Fachleuten und Wissenschaftlern – oder dem Druck der Wirtschaft und pandemie-ermüdeten Gesellschaft. Da einen „Kompromiss“ zu finden ist so, als würde ich mit meinem Arzt über die Dosis der Chemo verhandeln. Fehlentscheidungen sind vorprogrammiert, von einem System, welches auf Aushandeln und Kompromissfindung basiert, was geradezu die Essenz unserer deutschen und europäischen Politik geworden ist. Dazu kommt eine große Portion deutscher Politikkultur und unseres Eigenverständnisses: Anspruch auf perfekte Planung, juristisch und administrativ glasklar und alle ziehen mit.
Das Virus spielt nicht mit, zu dumm. Gesellschaften, die eher pragmatisch oder improvisiert operieren, sind im Vorteil, nicht nur Diktaturen. Auch jene, bei denen das zum Geschäftsmodell gehört, wie in den USA oder wie in Südasien.
Die Bundeskanzlerin bittet live im Fernsehen um Verzeihung für die Fehlentscheidung zur sogenannten Osterruhe. Das ist mutig und souverän. Aber ihr sollten noch einige andere Entscheidungsträger folgen, z.B. die, welche von und durch Corona profitieren.