Das 24-Stunden-Rennen von Madurai

Am Startpunkt (Foto aus Trichy)

Die Fahrer sind hochmotiviert. Sie stehen mit ihren motorisierten Dreirädern an Straßenecken oder vor Hotels. Sobald der Tourist sich nähert, entspringen sie ihrem Gefährt und aus der Apathie in der großen Hitze. „You want Oto?“ „You  go temple?“ Oder auch nur eine leichte Kopfbewegung, die sagt „Nun, wohin solls gehen?“ Lässt der Tourist sich auf dieses wohlmeinende Angebot ein, wird es ernst. Sobald das Ziel genannt ist, schießt der Fahrpreis ins Unendliche. Und Handeln ist Pflicht, sonst verdirbt man die Preise – beklagen sich die Einheimischen. „Two hundred!“ „Fifty“. „Okay one hundred!“

Aus der Perspektive des Fahrers

Der Tourist steigt ein – und ist dem was kommt ausgeliefert. Mit einem Hebel startet der Fahrer den Motor, gesteuert wird wie bei einem Motorrad. Ohne Zögern schießt er mitten in den fließenden Verkehr. Und schon ist der Tourist Teilnehmer eines Rennens, wie es sich rund um die Uhr auf Indiens Straßen abspielt.

Hauptinstrument des Vorwärtskommens sind verschiedene Huptöne. „Sound horn please“ steh an fast jedem Gefährt. Man stelle sich vor, bei uns stünde „Bitte Hupen“ an den Autos. Die Auto-Rikshaws haben eine schrille Hupe, serienmäßig. Dazu ein Lufthorn mit Gummiball, das einen tiefen, krächzenden Ton ausstößt. Die Anwendung ist fein austariert, so ergibt sich ein Konzert, welches von Stockhausen sein könnte.

Boxenstopp mit Serviceteam (Fotos aus Trichy)

Zwischen Lastwagen, Fahrrädern und alles, was irgendwie Räder hat, spielt sich ab, was man hier Verkehr nennt. In Indien ist es ein Schwimmen im Strom mit Hupen, Klingeln und dem feinen Geruch von Benzindunst. Regeln kennt das Rennen nicht, überholt wird, wo es geht. Überraschend: keiner ist dem anderen böse, keiner macht Handzeichen oder wird agressiv. Man nennt das intuitive Fahrtechnik. Wer im Verkehr Blickkontakt sucht, hat schon verloren.

Jeder Tourist erlebt spätestens hier seine Indientaufe und wird wohl das erste Mal mit dem Leben abschließen. Irgendwann auf der Strecke ergibt er sich in das Schicksal, man hat im Leben nicht alles in der Hand. Er schwört sich, so ein Gefährt nie wieder zu besteigen. Von wegen. Am Ziel steckt der Fahrer den Geldschein ein. „Come back!“ „I don’t know“  „Okay, I waiting for you!“

Vor einigen Jahren habe ich den nachfolgenden Videoclip mit einer Gruppe von Studenten aufgenommen. Wir hatten acht Otos angemietet, die vorm Hotel auf unsere „Abnahme“ warteten. Dann ging es auf zur Rallye durch Madurai….