
Mumbai, früher Bombay, ist das Tor zu Indien. Und tatsächlich gibt es nahe dem Nariman Point, der Südspitze der Halbinsel, ein Gateway of India aus der britischen Kolonialzeit. Die meisten Besucher reisen gleich weiter, nach Goa oder nach Südindien und wechseln daher nur das Flugzeug. Sie verpassen was. Wer sich auf Mumbai einlässt, der hat die Hand am Puls Indiens.
Mumbai ist das kommerzielle Herz Indiens, eine 20 Millionen Metropole, Traumziel für Migranten aus dem ganzen Land, Albtraum für viele, die in Slums landen und dort verharren müssen. Es gab Zeiten, da wuchs Mumbai jedes Jahr um die Größe von Frankfurt am Main.
Von Träumen und harter Realität erzählt der britische Regisseur Danny Boyle im Film „Slumdog Millionaire“, in dem ein Junge aus den Slums zum Quizmillionär wird. Die Schlussszene des Films wurde auf den Bahnsteigen des früheren Victoria Terminus gedreht, heute Chatrapati Shivaji Terminus oder kurz CST. Es ist der wichtigste Bahnhof von Mumbai, Endstation der Fernzüge aus ganz Indien und der Armada von Vorortzügen, die jeden Tag Pendler ins Zentrum Mumbais bringen. Wer jemals eine indische Urerfahrung zu machen wünscht, der sollte einmal eine Fahrt in einem dieser Züge wagen.
Mumbai verkauft aber auch Traumwelten. Jedenfalls erschaffen diese für zehnermillionen Zuschauer die Filmstudios der Stadt („Bollywood“). Mumbais Filmindustrie ist populär von Marokko bis Vietnam. Und Bollywood-Stars wie Sha Ruk Khan und Amitabh Bachchan sind Weltstars. Sie wohnen in Malabar Hill, dem Nobelviertel im Westen der Halbinsel. Dort wohnen überhaupt Indiens Milliardäre, von denen es ein paar Dutzend gibt.
Wie viele Millionäre und Milliardäre gibt es in Indien?

Interessanter und vielfältiger ist Mumbai vom Churchgate-Bahnhof aus südwärts. Zu jeder Tageszeit ist ein Spaziergang entlang des Marine Drives, durch Parks und koloniales Ambiente ein Erlebnis. Vor Churchgate Station warten die Dabbawallahs auf Order zur Auslieferung von Mittagsmahlzeiten.

Man sollte den einstigen Victoria Terminus und das gegenüber liegende Rathaus von Mumbai auf keinen Fall verpassen, viktorianische Gotik in Reinstform. Hier wie an anderen Stellen im Süden Mumbais wuden bei den Anschlägen am 26. November 2008 166 Menschen getötet. Auf dem Bahnhof selbst schossen die Attentäter an jenem späten Abend wild um sich und töteten 52 Menschen, eine Plakette erinnert heute daran.
Tagelang verschanzten sich eine Gruppe von ihnen im luxuriösen Taj Mahal Hotel und konnten nur in mühsamen Kämpfen durch die verwinkelten Flure unschädlich gemacht werden. Ein Teil des Hotels ging damals in Flammen auf.

Nördlich vom CST liegt einer der ältesten Märkte Mumbais, Crowford Market. Hier gibt es alles, von Blumen über Gewürze bis zu Mode und Haushaltswaren.
Sehenswert ist Dhobi Ghat, die riesige Anlage der Wäscherkooperative. Hier wird die Wäsche von Hotels gewaschen und gebleicht. Von der nahegelegenen Bahnstation Mahalakshmi kann man zurück bis Churchgate fahren.
Mumbai pulsiert, das ist nicht nur ein Klischee. Man spürt ein kosmopolitisches Indien mit unglaublichen Gegensätzen: Eine Nacht in einem durchschnittlichen Hotel entspricht dem Monatseinkommen der meisten Menschen in Mumbai. Ich kannte die Stadt noch, als man die Hochhäuser an einer Hand abzählen konnte. Heute hat Mumbai eine gigantische Skyline. Der Flughafen lag früher nahezu außerhalb der Stadt, heute wirkt er „zentrumsnah“.
Indische Millionenstädte sind eine Herausforderung an den ausländischen Besucher. Aber wer sich auf sie einlässt, der gewinnt Einsichten über Leben und Dasein, die weit über den Besuch hinaustragen.
