Bromo-viert

Ich weiß nicht mehr, was mich mehr beeindruckt hat: der Sonnenaufgang über einer Landschaft nicht von dieser Welt oder die leuchtenden Smartphone-Bildschirme der Millennials, die sich auf der Caldera des Vulkans drängten. Jedenfalls war es, an jenem kalten Morgen gegen 5 Uhr in 2600 m Höhe, ein Moment der Widersprüche. Die Lichtspiele unseres Muttergestirns spiegelten sich auf den grün-grauen Kratern vor uns wieder. Weißer Dunst auf dem Boden der Caldera ließ die Vulkane schweben. Und Rauchwolken aus zweien machten klar: das hier ist Erde-in-Aktion, keine Filmkulisse.

Aber die Bromo-Vulkane sind auch zum Trendziel der Instagram-Generation geworden. Schlotternd, in dicken Wollmützen und mit Sticks, um die optimale Aufnahme zu erzielen, standen sie im feinen Staub der Vulkanasche auf dem Kraterrand und nahmen mit ihrem Geplapper dem Naturschauspiel vieles von seiner Grandiosität. Wie viel lieber hätten wir an einem stillen Plätzchen mit einem heißen Becher Kaffee in der Hand den Augenblick genossen.

Wir hatten uns gegen Mitternacht von Surabaya aufgemacht und erreichten um 3 Uhr morgens das Dörfchen Wonokitri am Nordabfall der Caldera. Hier stiegen wir um in einen Jeep, der uns weiter bergan brachte. Und das in einer Kolonne von Hunderten solcher Fahrzeuge, die sich einen Weg hoch zu den Aussichtspunkten bahnten. Unser Fahrer versprach uns den besten unter ihnen, gleich jenseits von Kingkong Hill. Wir wärmten uns in einer Bude am Straßenrand auf, bevor wir weiter bergan marschierten – meine Taschenlampe lag vergessen im Hotelzimmer, aber auch dafür ist ein Smartphone heute nützlich. Als wir auf dem Hügel ankamen, zeigte sich schon ein Lichtstreifen aus Kupfer und türkis am Horizont.

Allmählich machte das noch fahle Licht die Landschaft unter uns sichtbar, als ob Scheinwerfer ganz langsam eine Opernbühne ausleuchten. Wir fühlten uns als Zuschauer in einer Aufführung der Natur. Gleichsam zur Overtüre stieß der Gunung Semeru am Horizont ein Wölkchen aus, welches sich langsam an seinem Abhang verlor. Mehr Wagner als Zauberflöte. Und endlich erreichten die Sonnenstrahlen die Ränder der Vulkankrater. Man hörte geradezu den Ritt der Walküren.

Das Programm zu einem Besuch am Bromo ist aber mit dem Sonnenaufgang nicht zu Ende. Alle Zuschauer samt Allradfahrzeugen machen sich auf in die „Sea of Sand“ am Boden der Caldera. Wieder in langen Kolonnen fahren alle eine steile Straße hinunter, um sich dann im Staub einen Weg zum Parkplatz zu suchen. Hier reihten sich schon hunderte von Fahrzeugen auf. Der Fahrer gab uns anderthalb Stunden zum Bromo und zurück. Per Pferd, Moped oder wie wir zu Fuß machte sich das Völkchen an diesem Morgen im Juli auf den Weg, jeder Schritt die feine Asche aufwirbelnd. Eine Prozession zum Bromo. Fliegende Händler verkauften Mundschutzmasken, aber beim Aufstieg zum Kraterrand über eine „Himmelstreppe“ waren die Hustenanfälle nicht mehr zu überhören.

Tief unten rauchte der Bromo friedlich vor sich hin, ein Bild das täuscht. Denn er kann urplötzlich gefährlich werden. Was an einem solchen Morgen, mit Hunderten von Wanderern auf dem schmallen Grad, dann passieren würden, mag man sich nicht ausdenken. Dennoch, die Wanderung in Staub und Dunst bei schräg stehender Sonne ist tatsächlich ein Abenteuer. Und auf Instagram kommt das nicht annähernd zur Geltung.

Weitere Informationen:

Mount Bromo bei Wikipedia