Vor 20 Jahren wurde die britische Kronkolonie an China zurück gegeben. Nach dem Motto „Ein Staat, zwei Systeme“ erhielt Hongkong eine gewisse Autonomie zugestanden. Zu der gehören auch politische Freiheiten, die für die Volksrepublik so (noch) nicht gelten. Jüngst demonstrierten in Hongkong junge Menschen für den gerade verstorbenen Friedens-Nobelpreisträger Liu Xiabo.
Das Territorium am Rande des Perlflussdeltas war als letztes der dem Festland entraubten Küstenstädte zurück gegeben worden. Es stand daher als Symbol für westlichen Imperialismus, der ab dem 19. Jahrhundert und vor der Gründung der Volksrepublik dem Kaiserreich zusetzte. Letzteres ist natürlich ein Euphemismus, denn mit dem Opiumkrieg, welcher das Kaiserreich mit indischem Opium flutete, hatte Großbritannien China massiv geschwächt. Hongkong genoss nach dem Zweiten Weltkrieg die Vorteile britischer Rechtsstaatlichkeit und eines dynamischen Freihandels, der – kombiniert mit chinesischem Wirtschaftsgeist – dem britischen Außenposten in Ostasien einen ungeheuren Boom bescherte. Die glitzernde Hochhauskulisse, die man vom festländischen Kowloon aus oder hinunter vom Victoria Peak beobachten kann, steht dafür symbolhaft.
Heute ist Hongkong ein Test- oder Experimentierfeld für China in Sachen Demokratie. Die Regenschirm-Revolution seit 2014 (Regenschirme wurden zum Symbol von Straßenprotesten) fordert die Regierung in Peking heraus, wie weit sie eine Demokratisierung Hongkongs zulässt. So sehr die wirtschaftliche Dynamik auf dem Festland unter der Herrschaft der KP gefördert und gesteuert wird, auf die Dauer wird die Volksrepublik der politischen Emanzipation der neuen Mittelschicht – die ja gerade ein Ergebnis der wirtschaftlichen Entwicklung ist – nicht widerstehen können.
Ein wenig symbolisch (aber nur das, da es noch aus der britischen Zeit stammt) steht dafür das einstige Victoria Prison auf Hong Kong Island. Mitten zwischen den Türmen von Banken und Geschäften gelegen ist noch offen, was mit dem Gelände geschehen soll. Ich hatte 2007 Gelegenheit, dort eine Ausstellung im Prison Art Museum zu besuchen. Sie zeigte, wie selbstbewusst das junge Hongkong mit seiner Geschichte und mit seiner Zukunft umgehen kann.
Weitere Informationen:
Im Gefängnis in Hongkong, THE GUARDIAN, 28.9.2017