Das „Empire“ kommt zurück!

Man sollte das Hakenkreuz im Gittertor einfach übersehen (es gilt als Glückssymbol im Hinduismus). Aber dann tritt man ein, in den Coronation Garden in der Altstadt von Trichinopoly. Einst lag es in der Madras Presidency, heute ist es Tiruchirapalli im Bundesstaat Tamil Nadu. Spuren des Empires also, hier in einem winzigen, nahezu überwachsenen Park, zu erreichen über eine versteckte Seitengasse nahe dem Rockfort.

Manche in Old England träumen davon, nach dem Austritt aus der EU das Empire wieder zu beleben. Die „Washington Post“ hält das für „Delusional“. In Indien aber trifft man auf Spuren des Empires, wohin man geht: Englisch ist Indiens Geschäftssprache, der Regierungssitz in New Delhi wurde noch zu britischer Zeit gebaut, mit gigantischen Dimensionen (wenige Jahre nach dem Umzug von Calcutta dorthin zogen sich die Briten zurück). Hinzu kommt, dass britische Kolonialarchitektur die großen Städte des Subkontinents ebenso prägt, wie Golf Courses, Club Houses und Private Boarding Schools die einstigen Hill Stations. Es sind die versteckten Spuren, wie in Trichy, die am meisten überraschen.

In der Mitte des Krönungsparks steht eine Statue von Queen Victoria, immerhin auch Empress of India. Victoria ist bunt angemalt, trägt irgendetwas zwischen Sari und Toga. Das Zepter hält sie wie der Gott Shiva seines. Ihr Gesicht ist von Rostspuren aus dem Drahtgitter über ihr gekennzeichnet, fast wie eine Madonna am Kreuzweg. Aber sie schaut streng auf ihre Subjects. Gespendet wurde der Park von den Bananenhändlern (Plantains sind Kochbananen) des Hauptmarkts von Trichy!

Noch augenfälliger wird ein non-chalanter Umgang mit der Geschichte am sogenannten Clive’s House in Trichy (wie Tiruchirapalli auch heißt). Eine Plakette versteckt zwischen Strom- und Telefonkabeln erinnert daran, dass hier einmal Robert (afterwards Lord) Clive wohnte. Unter Clive wurde die Eroberung Indiens für die britische East India Company vollendet, zudem ist er im UK heute umstritten, weil er wohl pesönlich enorm von seinen „Taten“ profitierte.

Träume vom Empire sind gar nicht nötig, seine Spuren sind überall zu finden: Vom District Collector (etwa unser Landrat) bis zum Chief Station Superintendent (am Bahnhof), vom Planters Club (in Darjeeling) bis zum Schild „Tiffin ready“ (etwa: „leichte Mahlzeiten erhältlich“). Das wiederum britische Ikonen wie Landrover und Jaguar der indischen Tata-Familie gehören oder das größte der drei noch auf der Insel arbeitenden Stahlwerke ebenfalls zur Tata-Firmengruppe gehört, dreht die Machtverhältnisse ein wenig um. Wie auch immer das Empire ist längst zurück: als Biermarke. Das erfrischende Lager wurde mir in einer Hotelbar in Tiruchirapalli serviert, wo das Empire vielleicht nie verschwunden war.

Ein Bier wie seine Geschichte.
Source: untapped.com

Weitere Informationen:

East India Company heute, THE GUARDIAN 7.5.2017

„Britain stole 43 trillion from India“, AL Jazeera online 14 Dec 2018