Amerika – Deine Präsidenten!

Die Verfassung der USA gibt dem Hausherrn im Weißen Haus eine ziemliche Machtfülle. Die globale US-Dominanz in Medien, Militär und Wirtschaft bringt es mit sich, dass Taten und Worte von US-Präsidenten weitab von Washington und den Great Plains konkrete Bedeutung haben. Seien es Drohnen, die aus heiterem Himmel in Pakistan oder Jemen bad guys töten und unschuldige Opfer in Kauf nehmen, seien es „Vorgaben“ zur Einreise in die USA für Somalis, Emiratis oder Syrer oder seien es Google, Facebook und Co, die Bestandteil unseres Alltags sind. Übrigens, auch dieser Blog liegt auf einem Server jenseits des Atlantiks. Das Interesse an den Personen, die solche Macht innehaben, ist jedenfalls auch außerhalb der USA groß.

Derzeit haben wir den Eigentümer der Trump Organisation im Weißen Haus. Wie konnte das geschehen, fragen sich viele. Und die Erklärungen reichen von „die Verlierer der Globalisierung hatten im November 2008 die Mehrheit“ bis zur „Hegel’schen Dialektik, dass nach einem Intellektuellen nun ein Pragmatiker“ folge, für den Politik eine Transaktion ist, eben ein Deal. Schaut man auf die Geschichte der US-Präsidenten, so ist Trump nicht ein „Unfall der Matrix“, wie es ein Washington Post-Kolumnist schrieb, sondern eher die Regel unter den Amtsinhabern im Weißen Haus.

Trump ist erst gut 70 Tage im Amt und das Kopfschütteln über seine Person nimmt kein Ende. Er ist erklärtermaßen ein Fan von Andrew Jackson, einem seiner Vorgänger (1829-1837). Es lohnt sich also, Jackson genauer zu betrachten, um Trump und seinen Co-Ideologen besser zu verstehen.

Mir fiel dazu ein meinem Regal vergilbendes Bändchen in die Hände, welches mir ein Studienfreund 1982 geschenkt hatte: Joachim Fernau’s „Halleluja. Die Geschichte der USA“

Fernau, ein „temperamentvoller Konservativer“ (Verlagstext) hat in sarkastisch, ironisch, ja bitterer Form eine kommentierte Geschichte der US-Präsidenten geschrieben. Der Autor ist umstritten, sein Buch erschien vor 40 Jahren, sogar noch vor dem Höhepunkt des Ost-West-Konflikts. Heute könnte das Buch von einem links-progressiven, Anti-Gobalisierungs-Aktivisten geschrieben sein, und das bevor Neoliberalismus, Turbokapitalismus und Wall Street-Dominanz aufgetreten sind, vom Internet und der Medienmacht ganz zu schweigen. Und tatsächlich, Jackson & Trump, ein einziges Dejá-vu – folgt man Fernau. Einige Zitate – die aktuelle Parallele mag jeder selber ziehen:

  • „Mit ihm zog zum erstenmal ein „einfacher Mann aus dem Volk“, …, ins Weiße Haus. Wenn Sie den Verdacht haben ich möchte ihn am liebsten einen Proleten nenjnen, so haben Sie recht.“ (S. 136)
  • Jackson gilt als Erfinder des sogenannten Beutesystems. Das Wort sollte ausdrücken und drückt auch plastisch aus, daß der Staatsapparat mit allen Posten eine Beute der jeweiligen Präsidenten und seiner Parteigänger wurde. Quincy Adams (der Vorgänger) hatte Fachleute in alle Schlüsselstellungen berufen oder die alten Beamten belassen. Andrew Jackson warf sofort jeden hinaus, der nicht zuvor für ihn gewesen war.“ (S. 138)
  • Sein erstes Opfer war die Bundesbank. … Die Bundesbank war eine Macht, so war sie gedacht. Sie garantierte die harte Währung, sie war ein Pfeiler, auf dem die USA ruhten. … Der wahre Grund war, er wollte das Symbol treffen. … Der Dollar fiel. Der Überseehandel kam ins Stocken, … . Das Proletariat in den Städten, von seiner Presse liebevoll über die bösen Banken aufgeklärt, und die Siedler im Westen jubelten. War er nicht ein großer Mann, ….,  ein wahrer Vater der Armen?“ (S. 139)
  • Er brachte ein Gesetz durch, daß alle öffentlichen Verkäufe und Kredite nur noch auf Hartgeldbasis erfolgen durften. Jetzt ging es also den spekulierenden Banken an den Kragen. Die Wirkung war grandios. … 1836 waren 600 Banken zusammen gekracht, neun Zehntel aller Fabriken bankrott, Zehntausende von Arbeitern arbeitslos.“ (ebenda) 

Jackson hatte neben „Old Hickory“ noch den Beinamen „Indianer-Töter“, schreibt Fernau. An diesem Wochenende hat die Trump-Administration dem Bau der Keystone Pipeline über heiliges Indianerland zugestimmt und das Verbot der Vorgängerregierung wieder aufgehoben. Man muss kein Fernau-Fan sein, aber wenn Trump wie Jackson sein will, dann ist das kein Vorbild, sondern ein Menetekel.

 

Nachtrag: Jackson’s „Trail of Tears

Der Begriff „Pfad der Tränen“ bezieht sich nicht auf den politischen „Nachlass“ von Jackson, sondern auf die radikale Umsiedlungspolitik der Indianerstämme aus den Waldgebieten in der Appalachen. Hier waren besonders die Cherokee-Indianer betroffen, die vom heutigen North Carolina and Georgia in ein Gebiet in Oklahoma umgesiedelt wurden. Der Indian Removal Act von 1830 gab dem Präsideten das Recht, solche „Umsiedlungen“ anzuordnen. Die erste davon betraf 1831 die Cherokee. Die Vertreibung der Stämme kostete tausende Indianer das Leben. Im Dorf Cherokee, am Rand des Great Smokey Mountains National Park, ist das Leben der Cherokees in einem Museum und einem Lehrpfad (siehe Slideshow) dokumentiert.

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Dieses Erbe von Andrew Jackson gehört zu den traurigsten Kapitel der US-Geschichte, nimmt man den Bürgerkrieg 30 Jahre später einmal aus. Es dokumentiert, wie rücksichtslos die Interessen der europäischen Neusiedler und Geschäftsinteressen des Establishments zu Lasten der nordamerikanischen Ureinwohner durchgesetzt wurden. Das historische Narrativ von mutigen Pionieren und von „new frontiers“ bestimmen immer die Gewinner. Die Verlierer sind eben das, „Loser“ der Geschichte.

Weitere Informationen:

„Dismantling America“, THE GUARDIAN online, 19.07.2017

Trail of Tears bei Wikipedia

America’s Myths. THE GUARDIAN online, 31.12.2019

„This Vulgar Man …“ Washington Post, 8 Feb. 2020

Land in der Krise. ZEIT online, 12.4.2020