Country Clubs der anderen Art


Wenn sich die Banker, Landlords oder Hedge Fonds Manager Britisch-Indiens aufs Land zurück zogen, dann wählten sie die Heimat ihrer Vorfahren. Und dort, in den Dörfern der trockenen Ebene bei Pudukottai im heutigen Tamil Nadu waren sie alle Zuhause. Vom Chettinad District hatte sich die Gruppe der Chettiars nach Ceylon, Malaya und vor allem Burma ausgebreitet. Sie füllten eine Lücke als Kreditgeber im ländlichen Raum des Empires. Ihre Investitionen in einen wachsenden Agrarsektor machten sie Ende des 19. Jahrhunderts superreich (und durchaus verhasst). Wie bei „Großfamilien“ so üblich, baute einer nach dem anderen nach der Jahrhundertwende gewaltige Mansions, die eher Fürstenresidenzen denn „Landhäusern“ glichen. Die Stile und Materialien des Interieurs wie auch die von Grundriss und Fassaden sind bunt, verspielt, alles zwischen Zuckerbäcker, Klassizismus und Jugendstil abdeckend. Nach dem Niedergang des Empires saßen die Nachfahren auf ihren 100-Zimmer-Häusern in einer entfernten Ecke Südindiens, deren Unterhalt aus der mühsamen Bewässerungslandwirtschaft nicht zu finanzieren war. Meist wurden die Landhäuser einfach abgeschlossen und die meiste Zeit des Jahres sich selbst überlassen. Immerhin verhinderte das trocken-heiße Klima, dass die Gebäude in sich zusammen fielen.

dscn1157Wie so oft, bietet der Tourismus heute eine Chance, dass die Chettinad Mansions erhalten bleiben. Obwohl weit weg von den  touristischen Routen durch Südindien gelegen, bieten sie als Heritage Hotels ein einzigartiges Erlebnis. Für das lohnt der Umweg über den Chettinad District allemal. Wer ein Liebhaber ausgefallener Architektur und neuer Beherbergungskonzepte ist, hat hier noch viele Möglichkeiten zur Investition.

dscn1187Der Pächter von „Chidambaram Vilas“ (siehe Webseite unten) erzählte uns, dass sein Unternehmen der dscn1169Eignerfamilie ein neues Heim gebaut und dann das riesige Gebäude komplett restauriert und um einige moderne Einrichtungen (z.B. den Pool) erweitert habe. Man verläuft sich in Innenhöfen, Treppenaufgängen und auf mit Balustraden verzierten Veranden. Selbst vom Dach aus kann man das weitläufige Gebäude nicht vollständig erfassen.

Das Dinner wird in einer säulenumrahmten Halle serviert. Der Kellner gießt unser Bier in versilberte Krüge. „How about Oliver Kahn?“ fragt er, nachdem wir uns als Deutsche geoutet haben. „I heard he is now doing talkshows“. Er habe einen Job in einem Hotel in Florida und warte auf ein Visum. Nun, seine Begabung zu Smalltalk qualifiziert ihn schon mal. Vielleicht bedient er ja jetzt Gäste im Anwesen jenes „Chettiars“, der derzeit das Weiße Haus bewohnt.

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Weitere Informationen:

Chettinad Distrikt bei Wikipedia

Webseite des Hotels Chidambara Vilas

Webseite des Hotels Chettinadu Mansion

Forschungspapier zu den Chettiars in Burma der Macquarie University (Sydney) als pdf-Dowload

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